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Was ist eigentlich „New Work“?

 

Teamkommunikationhell

Man hört in letzter Zeit so viel von Agilen Arbeitsmethoden, flachen Hierarchien, Einbindung aller Mitarbeiter in Unternehmensentscheidungen. Man redet über sich selbst organisierenden Teams, von Mitarbeitern, die Ihr Gehalt und die Anzahl ihrer Urlaubstage selber bestimmen dürfen. Und von Chefs, die sich einmal jährlich von ihren Leuten wiederwählen lassen – oder eben auch nicht. Man schwärmt von Happy Workping Places, Commitment-Kultur und verteilt Best-Place-to-Work-Awards. Eine schöne neue Arbeitswelt 4.0! Für manche klingt das nach neo-sozialistischer Utopie, nach Arbeitnehmer-Paradies, für andere nach völlig undurchdachtem Wahnsinn. Doch das Gegenteil ist Fall.

 

Worum geht es hier wirklich?

New Work – ein Begriff, der einem in diesen Tagen häufiger begegnet; zumindest wenn man mit Interesse an erfolgreichem Management, neuesten Trends in der Business-Welt und guter Führung durch die Welt blickt. Und das zurecht. New Work ist eine ansehnliche Welle, die Altgewohntes unserer Arbeitswelt niederreißt. Eine Ansammlung zahlreicher evidenzbasierter Paradigmenwechsel. Nicht, um einfach nur um mal was Neues zu machen, sondern um Gegebenheiten besser zu machen, die wir die letzten 50 Jahre nicht mehr hinterfragt haben. Und nicht nur besser für die Mitarbeiter, auch besser für die Unternehmen. New Work dient der Motivation, dem Engagement, dem Commitment, der Qualität, der Kundenorientierung und letztlich damit auch dem nachhaltigen unternehmerischen Erfolg.

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Meine persönliche Definition von New Work

New Work – das ist die Zukunft der Arbeit nach bestem Wissen.

New Work – das ist die Anpassung der Organisation (Unternehmen, Team, Arbeitswelt) an die Bedürfnisse und Eigenarten der Menschen.

New Work – das ist die Anpassung der Organisation (Unternehmen, Team, Arbeitswelt) an die Anforderungen der heutigen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen (Industrie 4.0, Digitalisierung, VUKA-Welt, Fachkräftemangel, Generation Y, der türkisen Kultur im Spiral-Dynamics-Modell).

New Work – das ist die Anpassung der Organisation (Unternehmen, Team, Arbeitswelt) an die Erkenntnisse der Praxis und der Wissenschaft, über Motivation, Engagement, Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Teams.

In Kürze: Nicht der Mensch muss sich an das Arbeitsleben anpassen, sondern die Organisation passt sich an die Eigenarten der Menschen an, um erfolgreicher zu sein. Oder wie es der Arbeitspsychologe Ron Friedman formulierte: Die Denkweise der Industriellen Revolution hat durch Akkordlöhne und Effizienzsteigerungen den letzten Tropfen Leistungsfähigkeit aus den Arbeitern herausgequetscht. Doch das funktioniert heute, im Zeitalter der Wissensarbeiter, nicht mehr. Wenn ich will, dass Wissensarbeiter die bestmöglichen Ergebnisse liefern, muss ich in optimale Arbeitsbedingungen investieren.  

Dabei spielen ein gedeihliches Miteinander der Teammitglieder, genauso eine große Rolle, wie die Berücksichtigung des Bedürfnisses aller Menschen nach Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung, sowie der Fähigkeit von Teams sich selbst zu organisieren. New Work geht auch davon aus, dass jeder Mensch von sich aus motiviert ist (intrinsische Motivation), und gar nicht durch extrinsische Motivation (Gehalt, Boni) extra zur Arbeit motiviert werden müsste. Oft wäre also schon viel gewonnen, wenn Chefs und Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht demotivieren würden - durch Bürokratie, durch Druck, Kritik, Hierarchie, Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg und Vorgesetzte, die nicht mit Menschen umgehen können. Aber schon allein das braucht Umdenken und intelligente Umstrukturierung des Unternehmens.

Diese massiven Umbauten der Organisation und die Paradigmenwechsel im Umgang mit Menschen führen letztlich auch zu ganz neuen Anforderung an Führungskräfte und Unternehmensleitung. Dazu braucht es dann bereits den nächsten Artikel: „Neue Führung“, Führung 4.0, agiles Führen, Führen durch Fragen, Transformationale Führung, Caring Leadership, oder wie auch immer Sie es nennen wollen…aber das ist eine andere Geschichte.

 

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Aber nun erstmal ganz von Anfang an.

 

Wie genau sieht denn nun dieses New Work aus?

Dieser Begriff umschreibt eine Reihe von mehr oder weniger experimentellen Organisationsformen, die unsere Arbeitswelt mehr oder weniger neu denken. Kennzeichen dieser New-Work-Organisationsformen sind insbesondere:

  • Aufladung der Arbeit mit einem größeren Sinn, der über Geld und Rendite hinausgeht (Purpose, Mission)
  • Weitgehender Verzicht auf Hierarchien
  • Hohe Selbstverantwortung und Selbstorganisation der Teams
  • Leitungsfunktion auf Zeit, Chefs werden nach Eignung in Projekten eingesetzt oder ggf. vom Team auf Zeit gewählt
  • Strukturen auf Zeit, Projekte und Arbeitsgruppen
  • Entscheidungen und Verantwortung liegen bei demjenigen, der am nächsten am Problem ist, also möglichst weit unten in der Hierarchie
  • Maximale Transparenz für alle, alle Kennzahlen des Unternehmens sind allen bekannt, frei verfügbar
  • Vertrauenskultur: Weitgehender Verzicht auf Kontrolle, wenig Regeln
  • Netzwerk statt Hierarchie und Silos
  • Große Freiheitsgrade bezüglich „was“ (Aufgaben), „wann“ (Arbeitszeitregelung), mit wem (Teamzusammensetzung), „wie“ (Selbstorganisation), „wo“ (Ort der Arbeit)
  • Agile Arbeitsmethoden: viel mehr Kommunikation, aber weniger Meetings! Arbeitsgruppen, Qualitätszirkel, Brainstormings, Retrospektiven, Einbeziehung von Kunden und anderen Stakeholdern
  • Regelmäßig entrümpeln (siehe Sorten der Verschwendung bei Toyota)
  • Arbeit muss den Mitarbeitern Spaß machen, hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter hat hohen Stellenwert
  • Arbeit und Freizeit fließen ineinander, aber anders als 24/7-Erreichbarkeit
  • Neue Führung, Caring Leadership, Dienende Führung, Transformationale Führung

Konkrete Beispiele siehe unten.

 

Und wo kommt New Work auf einmal her?

Arbeiterfamilie vor New WorkNew Work ist ja gar nicht sooo neu. Die Prinzipien von New Work wurden eigentlich schon immer gelebt. Wenn auch nur in ganz wenigen Familienbetrieben, die ihre Lehrbuben, Knechte und Mitarbeiter aufs herzlichste und respektvoll auf den Hof und damit wie Familienmitglieder aufgenommen und eingebunden haben. Man saß gemeinsam am Küchentisch oder Lagerfeuer, ging gut miteinander um und tauschte seine Ansichten offen aus. Der Lohn für den Herrn: die Mitarbeiter gaben stets ihr Bestes, waren hochgradig loyal, übernahmen Verantwortung und hielten gegen alle Schwierigkeiten zusammen.

Doch in den meisten Betrieben der letzten 6000 Jahre und insbesondere in Industriebetrieben während und nach der Industrialisierung lief es i.d.R. anders. Der Chef, auf seiner stufe einer strengen Hierarchen, gab Befehle, erwartete bedingungslosen Respekt, behandelte aber im Gegenzug seine Mitarbeiter schlecht und nutzte sie mithilfe seiner Macht bis an die Grenze der Belastbarkeit aus (Im Kultur-Modell Spiral Dynamics die rote Evolutionsstufe). Reste dieser Kultur im Umgang mit Mitarbeitern erleben wir heute noch bei vielen Chefs. Und warum war das so? Es ist die natürlichste Art mit Macht umzugehen, solange man es nicht besser weiß, und solange man zu bequem ist, sich mit anderen Menschen Mühe zu geben. Man kann es heute noch bei Kindern beobachten, wenn auf dem Spielplatz einer von ihnen der „Bestimmer“ ist. Auf der nächst höheren Entwicklungsstufe (in Spiral-Dynamics-Modell Orange), kam dazu der Geist von Optimierung, es gab Management über Zielvereinbarungen, KPI´s, und permanenter Optimierung. Der Lohn für diese Art mit Mitarbeitern umzugehen? Mitarbeiter lassen sich managen, sind aber eher unmotiviert, haben Angst vor Fehlern und schützen sich selbst, sie lassen lieber die Chefs entscheiden, bevor sie selbst Verantwortung übernehmen, sind dann aber zynisch über getroffene Entscheiden, sie machen Dienst nach Vorschrift oder werden oft krank, sie sind illoyal und wechseln den Job für höheres Gehalt. In der heutigen, aufgeklärten Ära der Wissensarbeiter, war es Zeit für einen erneuten Paradigmenwechsel.

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Ausnutzung der Arbeiter zu Beginn der IndustrialisierungIm Prinzip beginnt die Geschichte von New Work schließlich am Anfang des 19. Jahrhunderts, tatsächlich bei utopischen Sozialisten. In der Zeit der Industrialisierung und der maximalen Ausnutzung der Arbeiter unter unmenschlichsten Bedingungen, verfolgten die utopischen Sozialisten ganzheitliche Ansätze zur Arbeitsgestaltung und die Aufhebung von künstlichen Grenzen, zwischen Arbeit und Privatleben, aber auch zwischen Arbeitgeber und industrieller Arbeiterschaft. Die nächste Stufe bildeten Arbeits- und Arbeiter-Genossenschaften und später in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Lebensreformer am Monte Verità im Tessin.

Silicon Valley SpiritAber so richtig durchgestartet ist der New Work Gedanke erst mit dem Aufkommen spannender wissenschaftlicher Studien, wissenschaftlichen Büchern zu Führung, Motivation und Arbeitsqualität. Das Kultur-Modell Spiral Dynamics (der Kultur- und Werte-Forscher, Don Beck, Chris Cowan und Clare W. Graves) beobachtet dazu die Veränderung der  Gesellschaft hin zu einem mehr ganzheitlichem, synergetischem Denken der Menschen. Menschen dieser Kultur-Stufe (im Modell Türkis) versuchen sich eher vom Ego (streben nach Geld, Macht, Schönheit) zu trennen, und suchen stattdessen nach einer holistischen Verbindung mit der ganzen Welt, der Natur, und mit allen Menschen. Außerdem strebt der türkise Mensch danach, seine persönliche Mission (Purpose) zu finden und mit seinen "Gaben" zu einer besseren Welt beizutragen. Ein Unternehmen, dass zur türkisen Kultur-Stufe passt, sieht sein Organigramm nicht als (hierarchische) Pyramide (rot oder orange), sondern sieht sich eher als lebendingen, fluiden Organismus, in dem die anfallende Arbeit selbstorganisiert verteilt wird, und die Autorität und Verantwortung bei allen liegt. Geht das? Ja! Beispiel: in dem extrem erfolgreichen niederländischen Pflege-Unternehmen Buurtzorg arbeiten ca. 9000 Alten-Pflegerinnen, und keiner der Mitarbeiter hat einen Chef, kein Management.  

Dazu kam schließlich noch der besondere Spirit der erfolgreichen Gründerszene im Silicon Valley. Die Quellen sind so zahlreich, dass man sie kaum einzeln nennen kann. Aber auch teilweise so bahnbrechend, dass die Arbeitswelt sie nicht ignoriere konnte. Die wichtigsten in meinen Augen waren:

1959, Die Zwei-Faktoren-Theorie (auch Motivation-Hygiene-Theorie) von Frederick Herzberg über die Arbeitsmotivation

1975, Mihaly Csíkszentmihályi: Das Flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile im Tun aufgehen. Mit Flow bezeichnet man hier einen Zustand, in dem der Mitarbeiter sich in einem engen Kanal zwischen Langeweile und Überforderung bewegt, und in diesem Zustand so sehr in seiner Arbeit aufgeht, dass er die Zeit vergisst.

1970-2003 Das kleine japanische Industrie-Unternehmen Toyota wächst vom unbedeutenden Hersteller eines einzigen klapprigen Automodells in nur 30 Jahren zum Weltmarktführer. Basis dieses Erfolgs war die Einführung eines Total-Quality-Programms, sowie das ausgeklügelte Toyota-Production-System (TPS, im Westen auch unter „Lean-Management“ bekannt). Dazu gehört die enge Einbindung der Mitarbeiter am Band in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (Kaizen). Hier gab es bereits Agile Methoden.

1981 bis 2001, Jack Welch (gilt als einer der erfolgreichsten Top-Manager seiner Zeit weltweit) führt den Mischkonzern GE General Electric aus einer Krise in eine nie dagewesene Wachstumsphase. Eines seiner Mittel war die Einführung seines „Work Out“-Programms, mit dem er seine Manager verpflichtete, den Arbeitnehmern zuzuhören und deren Ideen umzusetzen.

1999, „First break all the rules“, ein Bestseller, in dem die Unternehmensberatung Gallup die 12 Elemente nachhaltigen Unternehmenserfolgs vorstellte. Gallup entwickelte sie auf Basis von über 1 Mio Arbeitnehmer-Interviews über ihren Arbeitsplatz. Sie kennen heute noch von Gallup den jährlich ermittelten Engagement-Index.

1995 „EQ: Emotionale Intelligenz“. Hiermit verhalf der amerikanische Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman dem Begriff der Emotionalen Intelligenz von John D. Mayer und Peter Salovey und insbesondere der Bedeutung der EQ für die Mitarbeiterführung zum Durchbruch.

1996, Don Beck, Christopher Cowan: Spiral Dynamics: Mastering Values, Leadership, and Change. 1996

1975-2012 die Arbeiten von Martin Seligman über Positive Psychologie.

1995-2001 Entwicklung von SCRUM als agile Projektmanagement-Methode (Jeff Sutherland „Die Scrum-Revolution“ sowie Ken Schwaber, Ikujirō Nonaka und H. Takeuchi)

2001 Entstehung des Agilen Manifests.

2003 und 2005 In den sehr lesenswerten Studien „Built to last“, und „From good to great“ beschreibt Jim Collins Unternehmen, die um ein vielfaches höhere Wachstumsraten gegenüber ihren direkten Konkurrenten vorlegen konnten. Schon weit vor der New Work Bewegung beschreibt er Werteorientierte Unternehmensführung und den Level-5-Leader: einen CEO, der statt Antworten zu geben gute Fragen stellt und viel diskutiert. Damit beschreibt er Agile Arbeitsmethoden, die schon im letzten Jahrhundert zu außerordentlichen Unternehmenserfolgen geführt haben.

2009 Drive, Daniel H. Pink, beschreibt, was Mitarbeiter wirklich motiviert.

2010 „Delivering Happiness“, von Tony Hsieh, beschreibt den Erfolg des Onlinehändlers Zappos auf Basis seiner Happiness-Kultur.

2012 “Positive Leadership”, Kim S. Cameron

2014 schrieb Frederic Laloux so eine Art Bibel des New Work, ein Grundlagenwerk: Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit

2014 “Best Place to Work”, Ron Friedman

2015 “Holacracy”, (dt.: Holokratie) Brian J. Robertson

 

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Warum brauchen wir New Work?

Im Prinzip hätten wir New Work schon immer gebraucht. Denn New Work beschäftigt sich damit, wie die Menschen tatsächlich sind, wie und warum sie Leistung erbringen, und wie die Arbeitswelt sein müsste, wenn sie dieses Wissen berücksichtigen würde. Tatsache ist aber: seit Jahrtausenden, seit es Arbeitgeber und Angestellte gibt, haben Chefs versucht, ihre Mitarbeiter an das Unternehmen anzupassen, anstatt die Arbeitswelt an den Menschen. Und genauso lange haben sie sich gewundert, warum das nicht funktioniert, warum die Mitarbeiter sich zu dumm anstellen, warum sie Anweisungen nicht befolgen, warum sie offensichtlich faul und immer entweder unselbständig oder im renitenten Widerstand zum Chef waren. Der engagierte, mitdenkende Mitarbeiter, der Erfüllung in seiner (banalen) Arbeit am Fließband findet, galt schlicht als Glücksfall und Rarität. So dachte man.

Wissen genügt nicht, man muss es auch anwenden

 

Heute weiß man: Der Mitarbeiter möchte leisten, möchte mitdenken, braucht einen Sinn für sein tun und will Erfüllung in seiner Arbeit finden. Dann engagiert er sich auch über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus. Aber der Status dieses Engagements ist fragil. Es funktioniert eben nicht, wenn man den Mitarbeiter wie einen dummen Arbeits-Muli behandelt. Die „Ich-Chef-du-nix“-Haltung der Führungskräfte in der Vergangenheit hat sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen als Motivations- und Gesundheits-Killer für Mitarbeiter herausgestellt. New Work ändert die Paradigmen im Umgang mit Mitarbeitern.

 

Die VUKA-Welt: Heute ist New Work umso dringender

Heute leben wir in einer VUKA-Welt. Die Märkte sind volatil (V), und der Wandel wird immer schneller (Technik, Kommunikation, etc.). Folglich sind alle Erwartungen an die Zukunft hochgradig unsicher (U). Niemand im Unternehmen, weder Mitarbeiter noch Top-Management ist noch in der Lage, sicher vorherzusagen, ob ein Produkt beim Kunden einschlägt, ob eine Strategie funktionieren wird und ob man morgen noch gegen die selben Wettbewerber ankämpft. Daher gehört Ausprobieren und Fehler machen immer mehr zum Alltag, selbst für die besten Manager. Will man Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen, muss die Fehlerkultur passen. Denn nur eine Kultur, die Fehler nicht mehr bestraft, verhindert passive, risikoscheue, Entscheidungen-vermeidende Mitarbeiter. Dementsprechend sind Entscheidungs-Situationen komplex (K). Viel komplexer, als dass das menschliche Gehirn in der Lage wäre, sichere Entscheidungen allein zu treffen. Erst die „Intelligenz der Vielen“, das Diskutieren von Situationen, Szenarien und Entscheidungen in der Gruppe (Teamworkshops), hilft, der Komplexität etwas entgegenzusetzen. Alles was da draußen passiert ist mehrdeutig (A = Ambiguität). Jeder interpretiert die Ereignisse und Signale des Marktes anders. Ohne Dialog und Diskussion zwischen Managern und über Hierarchiestufen hinweg, kann ein einheitliches Handeln in die selbe Richtung gar nicht mehr gewährleistet werden.

Wir leben also in einer Welt, in der Unternehmenserfolg eine sehr kurzfristige Sache sein kann. Schnelle Reaktionen auf den Markt und die technischen Entwicklungen verlangen nach agiler Arbeitsweise, also nach Gruppen-Diskussionen, Einbindung und schneller Entscheidung. Aber Achtung: Oft kommt dem Chef seine einsame Entscheidung viel schneller vor, als eine langwierige Diskussion. Er übersieht dabei aber den Weg, den die Entscheidungsvorlage vorher zurücklegen musste. Es gilt: Schnell ist oft Langsamer und langsamer ist oft schneller. New Work bedeutet auch: Verzicht auf die langwierigen Wege von Entscheidungen durch viele Hierarchie-Ebenen und Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen (dürfen).

 

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Der Fachkräftemangel erfordert ein Umdenken

BevölkerungsentwicklungSeit Jahren sehen wir ihn kommen, den Fachkräftemangel. Lange Zeit war das einfach nur eine Abbildung von scherenmäßig auseinanderlaufenden Kurven. Immer mehr Rentner, immer weniger Arbeitnehmer, immer weniger Schulabgänger. Aber keiner hat etwas davon gemerkt, keiner hat etwas getan. Doch jetzt spüren erste Branchen den Fachkräftemangel ganz massiv am eigenen Leib. Wenn man mit Unternehmern, spricht hört man immer wieder „es ist schon Glück, wenn sich überhaupt jemand bewirbt, von Qualifikation ganz zu schweigen“. Verzweifelt rekrutiert man Rentner zurück, richtet familiengerechte Arbeitsplätze mit Homeoffice ein oder hofft auf qualifizierte Flüchtlinge. Trotzdem gibt es Unternehmen, die sich bei Fachkräftemangel keine Sorgen machen müssen, weil bei Ihnen die Bewerber Schlange stehen und Fluktuation nicht stattfindet. Achtung: 70% aller kündigenden Mitarbeiter, verlassen nicht das Unternehmen, sondern ihren Chef! Häufig ist also schlechte Führung mit schuld am eigenen Fachkräftemangel. Wenn aber die Arbeitsbedingungen stimmen, die Arbeit Spaß macht, die Führungskräfte einen anständig behandeln und die Stimmung gut ist, dann geht man nicht leichtfertig woanders hin…oder man kommt nach kurzer Zeit mit wehenden Fahnen wieder zurück. So war das Qualitätssiegel „Best-Place-to-Work“ eigentlich vor dem Hintergrund der oben geschilderten Studien zu Motivation, Engagement und Leistung entstanden. Nun bekommt ein nachweislich mitarbeiter-freundlicher Arbeitsplatz eine zusätzliche Bedeutung als wichtiges Marketing-Instrument im Recruiting von Mangelberufen.

 

Arbeitswelt 4.0 und Work-Life-Balance – die Grenzen verschwimmen

Eigentlich ist der Begriff Work-Life-Balance schon wieder überholt. Wo früher überarbeitete Manager nach Möglichkeiten gesucht haben, auch ihrem Privatleben etwas mehr Raum einzuräumen, haben wir es der heutigen Technik zu verdanken, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr verschwimmen. Mitarbeiter sind heute (freiwillig) permanent am Smartphone, Tablet, im Internet und screenen ihre Emails. Nachts um 23:00 Uhr schickt der Kollege aus Equador eine Präsentation, die noch schnell gecheckt wird, der Kunde ruft um 21:00 Uhr auf dem Handy an und der Chef kündigt um Mitternacht per Whatsapp das morgige Briefing an. Passt es da noch in die Welt, das Smartphone am Arbeitsplatz zu verbieten, die Internetnutzung einzuschränken und die Arbeitszeit „stempeln“ zu lassen? New Work bedeutet auch flexiblere Arbeitszeit- und Arbeitsort-Regelungen.

Dazu kommt, dass in sehr erfolgreichen Unternehmen, die Beziehungen der Kollegen untereinander exzellent sind. Freundschaften unter Kollegen korrelieren wissenschaftlich nachgewiesen mit weniger Arbeitsunfällen, weniger Diebstählen, weniger Krankheitstagen, weniger Fehlern, mehr Engagement, besserem Teamwork, usw. Da bleibt es nicht aus, dass Kollegen viel Privates miteinander unternehmen: Kino, Theater, Fußballplatz, Zumba bis hin zum gemeinsamen Skiwochenende, und dabei auch viel informell über die Arbeit reden. New Work fördert diese positiven Beziehungen und der Betrieb profitiert, durch reibungslose Arbeit!

Schließlich bedeutet Work-Life-Balance heute auch etwas anderes: Galt früher noch: Arbeit ist die Pflicht und in der Freizeit muss ich mich erholen, heißt Work-Life-Balance heute: „such dir einen Arbeitsplatz der dir Energie und Erfüllung gibt.“ Dann brauchst du keine zusätzliche Erholung mehr. Natürlich muss die Frage berechtigt sein, ob so ein Lebenswandel überhaupt gesund ist.

 

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Und richtig, die Betriebliche Gesundheitsvorsorge ist ebenfalls ein Grund für New Work. Neben der „Volkskrankheit” Burnout gibt es zahlreiche Berufskrankheiten, die auf schlechte Führung und schlechtes Klima im Büro zurückzuführen sind. Insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische Störungen, Depressionen, Bandscheibenvorfälle, Migräne, Magen- und Verdauungsstörungen, Verschlechterung des Immunsystems, und, und, und…Kürzlich hörte ich einen Vortrag eines Arbeitsmediziners. Er lästerte über die klassischen Ideen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements: den Obstkorb (Nr. 1) und das Fitness-Studio (Nr. 2). Seiner Erfahrung nach die wirksamsten Methoden zur Steigerung der betrieblichen Gesundheit sein ein gutes Klima, wertschätzende Führung und ausreichend gute Kommunikation. Und weniger kosten würde das auch. Hello New Work – hello Caring Leadership.

 

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Generation Y

Schließlich wachsen unsere Kinder heute anders auf als früher. Wurden früher Kinder noch zum Respekt für Ihre Eltern, Lehrer, und Chefs erzogen, werden sie heute von ihren Eltern bedingungslos geliebt. Sie sind es von klein auf gewohnt mitzubestimmen, zu argumentieren und zu diskutieren. Auch in der Schule wird das heute im Unterricht so praktiziert. Dann kommen die jungen Generation-Y-Absolventen in den Unternehmensalltag und sollen plötzlich reine Befehlsempfänger sein? Das machen die nicht lange mit. Immer mehr Schulabgänger brechen eine oder zwei Ausbildungen ab, weil sie sich nicht damit arrangieren können, wie mit ihnen umgegangen wird. Eine New Work Kultur hingegen, behandelt auch Azubis mit Respekt, Wertschätzung, bietet Ihnen Einbindung und überträgt früh Verantwortung.

Will man hingegen als Chef den Respekt seiner Generation-Y-Mitarbeiter, muss man ihn sich verdienen, sich beweisen. Daran scheitern viele Führungskräfte, die bisher von althergebrachten Verhaltensregeln geschützt wurden. Einmal in einer Führungsposition, konnte man Respekt befehlen und sich mit disziplinarischen Maßnahmen durchsetzen (wie schon erwähnt, dass kann jeder 5-Jährige). Im Konfliktfall wurde der Mitarbeiter gefeuert, aber nicht die schwache Führungskraft. Erneut passt sich die Arbeitswelt an die Menschen an. In einer New Work Organisation werden Führungspositionen auf Zeit vergeben, für einzelne Projekte und nach persönlicher und fachlicher Eignung. Und diese Eignung bestimmt nicht ein einsamer Vorgesetzter, sondern die betroffene Crew. Wer in der Lage ist, Menschen hinter sich zu bringen, zu überzeugen und mitzureißen, der führt, weil andere freiwillig folgen. Wer das nicht kann, führt nur sehr kurz – und lernt daraus. Und das ist sehr hilfreich.  

Beispiele für New Work Organisationen

Im Gegensatz zu den klassisch organisierten Unternehmen, die sich ambitionierte Ziele setzen, ohne den Mitarbeitern zu sagen, warum es sich lohnt, sich dafür ins Zeug zu legen, laden New-Work-Unternehmen ihre Organisation mit Sinn (Purpose) auf. Doch Sinn kann man schlecht vorgeben, man kann anderen nur dabei helfen ihn zu finden. Nehmen wir z.B. den Purpose der Sonnentor Kräuterhandels GmbH, die bäuerliche Bio-Spezialitäten rund um den Globus vertreibt: „Wir von Sonnentor glauben fest daran, dass in der Natur die besten Rezepte für ein schönes und langes Leben liegen. Dafür arbeiten wir. Davon leben wir. Und wir glauben, dass die biologische Landwirtschaft die einzige Alternative zu den Folgen von Monokultur und Überproduktion ist.“ Hier geht es nicht um Marktanteile und Rendite. Hier geht es um einen Sinn, der bestimmte Mitarbeiter anzieht. Häufige Mitarbeitergespräche, unter 4 Augen oder in Teams, über die Bedeutung dieser Sätze, helfen jedem Mitarbeiter dabei, seine eigene persönliche, selbstverwirklichende Mission, für seinen individuellen Arbeitsplatz im Unternehmen darin zu finden.

Die Valve Corporation aus dem US Bundesstaat Washington, ist als Softwareunternehmen ein Spin-Off von Microsoft. Der Hersteller von so erfolgreichen Computerspielen wie „Counterstrike“ arbeiten in extremen Maß nach SCRUM – also in sich selbst organisierenden Teams, unter weitgehendem Verzicht auf Hierarchien. „Niemand hat hier einen Vorgesetzten!“

Hier ein Zitat aus dem Mitarbeiterhandbuch von Valve:  “…when you’re an entertainment company that’s spent the last decade going out of its way to recruit the most intelligent, innovative, talented people on Earth, telling them to sit at a desk and do what they’re told obliterates 99 percent of their value. We want innovators, and that means maintaining an environment where they’ll flourish. That’s why Valve is flat. It’s our shorthand way of saying that we don’t have any management, and nobody “reports to” anybody else. We do have a founder/president, but even he isn’t your manager. This company is yours to steer—toward opportunities and away from risks. You have the power to green-light projects. You have the power to ship products.”

Als neuer Mitarbeiter bei Valve entscheidet man selbst, an welchem Projekt man arbeitet, oder ob man ein neues Projekt aufsetzt und wer daran mitarbeiten soll. Man trifft mit seinem Team allein die Entscheidung wann ein Produkt marktreif ist, ob man es jetzt ausliefert und zu welchem Preis. Keine weitere Hierarchie, keine Chefs, keine Manager. Wow! Nur Vorsicht: so eine Organisation funktioniert nur, wenn die Mitarbeiter reif dafür sind. Irgendwer muss dafür sorgen, dass aus vielen Diskussionsrunden auch Ergebnisse herauskommen, dass man Geschwindigkeit aufnimmt, dass sich alle an gewisse Regeln und an ihre eigenen Zusagen halten (Das Regelwerk von SCRUM stellt vieles davon sicher). Mindestens einer im Team muss in der Lage sein, Teamrunden lösungsorientiert zu moderieren und solche Ergebnisse einzusammeln. Alle müssen gelernt haben, wie man Meinungen äußert oder gar Kritik vorbringt und gemeinsam Entscheidungen trifft, ohne andere Teammitglieder anzugreifen.

Berechtigte Frage: Wenn es keinen Chef gibt, wer steuert, wer fordert, wer beurteilt und wer fördert Mitarbeiter? Wer entscheidet welcher Mitarbeiter wertvoll für die Firma ist und welcher sich in der Hängematte der Führerlosigkeit ausruht? Es gibt Alternativen zum beurteilenden Chef, natürlich auch bei Valve: das Team! Hier gibt es Interviews aller Kollegen, Einschätzung von Kollegen, mit denen man seit der letzten Einschätzung zusammengearbeitet hat, Bewertungen und Ranglisten darüber, wie wertvoll man für das Unternehmen ist, welchen Anteil man am Produkt hatte, welchen Beitrag zur Gruppe man geleistet hat, wie die eigene Produktivität aussieht und wie das technische Vermögen eingeschätzt wird. Ein Kennzeichen von Scrum, agilen Arbeiten und damit von New Work, ist eben auch das eigene Bestreben ständig besser zu werden und somit das eigene Interesse des Mitarbeiters an Feedback und messbarer Verbesserung.

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Im Gegensatz zu Valve gibt es in der Softwaretochter des Haufe Verlages, Haufe Umantis noch Führungskräfte. Allerdings gibt es alle Führungspositionen, vom Teamleiter bis zum Geschäftsführer, nur auf Zeit. Chefs werden dort gewählt, und nach gewisser Zeit wird neu darüber abgestimmt, und zwar von den Mitarbeitern, die man geführt hat. Und das geht so: Jeder Mitarbeiter darf seinen Favoriten vorschlagen, die Kandidaten schreiben Ihre eigene Stellenbeschreibung und ihre Vorstellungen von der Position. Dann wird präsentiert, diskutiert, die Mitarbeiter stellen kritische Fragen. Alle Mitarbeiter dürfen dann auf dem Wahlzettel mit einer der sechs Optionen antworten: "Ja mit voller Zustimmung", "Ja", "Ja mit Bedenken", "Extern rekrutieren", "Wir brauchen diese Position nicht", "Enthaltung". Der Geschäftsführer sagt dazu: Die Wahlen bringen oft Themen und Stimmungen an die Oberfläche, die mit der Auswahl der Führungskräfte eigentlich gar nichts zu tun haben. Das ist wie eine wertvolle "regelmäßige Messung der Betriebstemperatur". Am Ende wählen die Mitarbeiter den Kollegen aus, dessen Entscheidungen sie am ehesten zu folgen bereit sind. Auch bei wichtigen strategischen Entscheidungen, wie z.B. Firmenübernahmen, stimmen die Mitarbeiter mittlerweile mit ab.

Spannend ist die Frage, was mit Führungskräften passiert, die abgewählt werden. Sie wandern wieder zurück ins Glied, mit anderen Aufgaben, aber nicht unbedingt mit einer Verringerung ihres Gehalts. Trotzdem ist diese Situation erfahrungsgemäß für diese Kollegen mit starken Emotionalen Belastungen, mit Frust, Enttäuschung, Verletzungen und Peinlichkeit verbunden. Trotzdem sind alle jemals abgewählten Chefs heute noch bei Umantis an Board. Viele sagen, dass sie selber viel aus dieser Niederlage gelernt haben. Oft sind sie hinterher zufriedener mit ihrer neuen Position, oder probieren es später mit gewachsenem Führungsverständnis nochmal. Diese mutige Vorgehensweise hat Umantis nicht geschadet. Seit die Chefs gewählt und nicht mehr ernannt werden, hat Umantis den Umsatz jedes Jahr gesteigert.

Toyota lässt die einfachsten Arbeiter viel entscheiden. Nachdem Toyota im Jahr 1969 mit seinem Modell Toyopet – einem überteuerten Kleinwagen mit unzureichender Qualität - in den USA fürchterlich gescheitert war, beschloss das Management es noch ein zweites Mal zu probieren: diesem mal mit einem Total-Quality-Produkt. Am Ende entstand daraus ein ausgeklügeltes Automobil-Produktions-System, das Toyota-Production-System (TPS oder Lean Management). Wichtiger Bestandteil dieses Systems ist Kaizen – das Anstreben ständiger Verbesserung. Dazu musste Toyota seine Manager (Japan ist ein kulturell sehr hierarchisch geprägtes Land) dazu umerziehen, seinen Mitarbeitern extrem gut zuzuhören. Denn wer ist der beste Experte für eine Entscheidung über eine Verbesserung am Fließband? Na klar, der Mitarbeiter am Fließband. So haben amerikanische Automobil-Arbeiter, die eine japanische Fabrik von Toyota besichtigen durften, mit größtem Erstaunen mit angesehen, wie ein Fließbandarbeiter seinen Manager zu sich rief und ihm erklärte, welche Veränderung an eine Werkzeug er sich wünschte. Am nächsten Morgen hatten alle Kollegen am Fließband ein entsprechend angepasstes Werkzeug. Ein weiteres denkwürdiges Verfahren konnte die Amerikaner am Fließband beobachten. Während sie selber noch in amerikanischen Automobil-Fabriken das goldene Gesetz gelernt hatten, „niemals das Fließband stoppen, denn eine Minute Fließband-Stillstand kostet die Firma 15.000 $“, sahen sie täglich mehrmals, wie ein Toyota-Arbeiter nach einem kleinen Montagefehler am Band eine Kordel (Andon) zog, die sofort das Produktionsband für alle anhielt. Hier sieht man gleich 2 wichtige Prinzipen: Der einfachste Arbeiter übernimmt selbstverständlich mehrmals täglich die Verantwortung für eine 15.000-Dollar-Entscheidung. Und den Mitarbeitern wird es leicht gemacht, eigene Fehler zuzugeben. Bei Toyota gilt der Grundsatz: Nicht Fehler zugeben wird bestraft, sondern Fehler unter den Teppich zu kehren. Außerdem tragen dort NIE Menschen die Schuld an einem Fehler, sondern immer der Prozess.

Mindestens ebensoviel Entscheidungsgewalt haben Mitarbeiter im Hotel Schindlerhof. Das in unzähligen Belangen vorbildliche Seminarhotel hat bereits zigmal in Folge deutsche und europäische Servicepreise eingeheimst. Das geht natürlich nur mit einer hochgradig engagierten Mannschaft. Damit die einzelnen Teams möglichst viel selbst entscheiden können, versorgt sie der Chef mit sämtlichen Kennzahlen des Unternehmens. Jeder im Team weiß, wie das Unternehmen gerade dasteht, wie die Abteilung sich gerade macht, was welche Strategie und welche Veränderung kostet und einbringt. Überzeugung des Chefs: Nur gut informierte Mitarbeiter können fundierte Entscheidungen treffen. Nur Mitarbeiter die mit entscheiden, übernehmen Verantwortung und legen sich ins Zeug für die Zielerreichung. Natürlich gehört auch hier zum Entscheiden dürfen eine angenehme Fehlerkultur. Auf die schlimmsten Fehler wird einmal mit Monat mit einem Gläschen Sekt angestoßen. Der Lohn für das Hotel: über 2000 Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter jedes Jahr, ein exzellentes Serviceniveau, herzliche kundenorientierte Mitarbeiter. Und Bewerber, die Schlange stehen, in einer Branche, die massiv über Fachkräftemangel klagt.

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Noch weiter geht das Vertrauen in die Entscheidungsfähigkeit und Loyalität der Mitarbeiter bei Netflix. Netflix Has No Rules Because They Hire Great People (Forbes 2016). Bei Netflix verabscheut man Regeln und Kontrolle. So steht es schon in den Unternehmenswerten. So gibt es zum Beispiel eine extrem flexible Urlaubsregelung — jeder kann so viel Urlaub nehmen, wie er möchte, und wird auch von der Geschäftsführung angehalten genau das zu tun. „Wir alle beantworten oft spätnachts E-Mails, niemand zählt unsere Arbeitsstunden — also warum Urlaubstage zählen?“ sagt eine Managerin von Netflix.

Die Unternehmensstrategie bezüglich der finanziellen Ausgaben der Angestellten ließe sich in fünf Worten zusammenfassen: „act in Netflix's best interest“ („handle im besten Interesse von Netflix“). Alle Angestellten buchen ihre Geschäftsreisen selbst, sie nutzen dazu die Firmenkreditkarte und natürlich gibt es weder eine Vorschrift ob man Businessclass oder Economie oder gar welches Verkehrsmittel man zu wählen hätte. Und am Ende wird die Reisekostenabrechnung nicht mal kontrolliert. Netflix ist davon überzeugt, so spart man Geld. Die ehemalige Netflix-Managerin Patty McCord schreibt im Harvard Business Review: „Wenn man sorgfältig darauf achtet, Menschen einzustellen, die voll im Interesse des Unternehmens handeln werden, … werden 97 Prozent der Mitarbeiter das Richtige tun. Die meisten Unternehmen geben unendlich viel Zeit und Ressourcen dafür aus, die restlichen drei Prozent im Zaum zu halten.“ Steven Covey jr. hat ein ganzes Buch über Vertrauen geschrieben: sein Fazit: Misstrauen erzeugt hohe Kosten. Alle Kontrollmaßnahmen kosten Zeit und damit viel Geld. Denken Sie nur an die Sicherheitskontrollen am Flughafen nach dem 11. September. Ganz zu schweigen von der Botschaft an die Mitarbeiter: „Wir misstrauen dir. Wenn wir dich nicht kontrollieren, wirst du uns betrügen!“ Die Vertrauensforscherin Prof. Antoinette Weibel schreibt dazu in dem Artikel „Vertrauen oder Verlieren“: genauso wird es kommen. Dieses Misstrauen erzeugt am Ende genau das Verhalten vor dem man sich fürchtet, bei Mitarbeitern, die sich ursprünglich anständig verhalten hätten, und das in noch größerem Ausmaß. Die kontrollierten Mitarbeiter werden clevere Wege finden, dem Bild, das ihr Arbeitgeber von ihnen hat, gerecht zu werden.

Für zahlreiche weitere Beispiele aus dem richtigen Leben, insbesondere auch in Deutschland schauen Sie unbedingt die sehenswerte Dokumentation augenhoehe-film.de (Die Initiative Augenhöhe ansehen...). Besuchen Sie auch die Initiative Intrinsify.me

Dort finden Sie auch Beschreibungen weiterer New-Work-Unternehmen, dort heißen sie happy working places...

 

Fazit:

New Work ist notwendig, es ist cool, es ist attraktiv für Mitarbeiter, es wirkt motivierend und macht Unternehmen erfolgreich.

Andererseits ist New Work mit vielen radikalen Umbrüchen verbunden. Jede Maßnahme erscheint zunächst sehr mutig. Viele Ideen sind kontraintuitiv.

Letztlich braucht New Work nicht nur viel Kompetenz in der Umsetzung dieser Maßnahmen, sondern auch den festen Willen der Entscheider, das richtige zu tun. Das richtige Wissen nutzt nichts, wenn es nicht anwendet.

 

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Achtung: Staatliche Förderung!

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Die Einführung von New Work in Ihr Unternehmen wird übrigens staatlich gefördert. Unter dem Namen UnternehmensWert:Mensch-Plus gibt es einen Fördertopf aus einer Initiative der Bundesregierung zur Förderung der Digitalisierung und des Wandels der Arbeitswelt. Peter Rach ist zertifizierter Fachberater und Prozessbegleiter für Maßnahmen im Zusammenhang mit Digitalisierung und den Wandel der Arbeitswelt. Je nach Unternehmensgröße können 50 bis 80 Prozent der Beratungskosten übernommen werden.

 

 

In diesem Rahmen werden Change-Projekte zu folgenden Kern-Themen gefördert:

  • Neue Geschäftsmodelle und Innovationsstrategien
  • Produktionsmodell und Arbeitsorganisation (Agile und vernetzte Prozesse)
  • Personalpolitik, Beschäftigung und Qualifizierung (Fit für die Digitale Arbeitswelt)
  • Arbeitsplatz der Zunft, Arbeitszeit- und Leistungspolitik
  • Führung, Berufliche Entwicklung, Karriere (auch Fachkräfte halten)
  • Sozialbeziehung, Kultur (Auch Mitbestimmung, Partizipation)

 

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